grow! Travel instabil und nach innen wie nach außen mit gravierenden Kon- flikten behaftet, finden sich in der Region zwischen Karakorum- Gebirge und Arabischem Meer eine Vielzahl gewaltdominierter Unerfreulichkeiten. Dessen ungeachtet sind es jedoch zwei ent- scheidende Faktoren, die mich immer wieder dorthin zurückkeh- ren lassen: die ausgeprägte Gastfreundschaft sowie eine po- puläre Kultur des Kiffens, die, wie im Nachbarland Indien, teils religiöse Verknüpfungspunkte aufweist. Schneider im Basar von Peschawar. Die wohl verrückteste, aber auch gefährlichste Stadt, die ich in Paki- stan besucht habe, ist Peschawar. In diesem uralten Hotspot der Geschichte werden be- sonders drei Dinge in großen Mengen ge- handelt: Tee, Drogen und Waffen. Die unmit- telbare Nähe zum Khyberpass, dem Landübergang nach Afgha- nistan, macht Peschawar zur Drehscheibe des Großhandels mit Haschisch und Heroin. Beides wechselt im Tonnenbereich die Besitzer. Ich hatte nicht vor, mich in die Niederungen des dor- tigen Drogenhandels zu begeben. Das war auch nicht nötig, um das vermutlich beste Haschisch meines Lebens zu rauchen. Dun- kelbraun, elastisch, aromatisch – und mit einem Punch wie dem von Rocky Balboa ausgestattet. Beim ersten Mal saß ich mitten im Basar in einer Schneiderei und quatschte mit dem Besitzer, als zwei Typen hinzukamen. Sie luden mich zum Tee in ihrem Büro ein, und ich stimmte nichtsahnend zu. Das Büro befand sich im zweiten Stock eines Hauses, das auf mich wirkte wie ein im Verfall begriffener Knast in einem Mad-Max-Film. Bau- fällig, dunkel, laut. Das Büro selbst war spartanisch eingerich- tet. Ein Tisch, zwei Stühle und ein alter Riesentresor, das war‘s. Dass der Sicherheitsschrank nicht nur wichtige Dokumente be- herbergte, zeigte sich wenig später, als einer meiner Begleiter einen gut faustgroßen Brocken Haschisch zutage förderte und mich fragte, ob ich ihn kaufen wolle. Meine Erwiderung, dass mir bereits zwei bis drei Gramm genügen würden, sorgte für fast mitleidiges Lächeln. „Das kannst du geschenkt haben“, lautete die Antwort, während einer der beiden ein daumengroßes Piece von dem großen Brocken abbrach. Ein anderes Mal schneite ich bei meiner Suche nach einem günstigen Taxi für Überlandfahrten in eine Reiseagentur hi- nein. Bei einer Tasse Tee wurde recht schnell klar, dass die Preisvor- stellungen weit ausein- anderlagen. Ich wollte gerade den Laden ver- lassen, als der Inhaber schelmisch fragte, ob er „noch etwas Besonderes“ für mich tun könne. Ich erfasste die Situation und entgegnete, was man denn dafür einkalkulie- ren müsse. Das käme darauf an, lautete seine Antwort. Er habe mehrere „special things“ im Angebot. Ich riskierte es und fragte nach dem Preis für fünf Gramm guten Haschischs. Ein wenig Haschisch aus Nordwestpakistan. 20 enttäuscht antwortete er, dass sich die Verkaufsmengen bei ihm eher im Pfund- und Kilobereich bewegten. Für mich jedoch werde er eine Ausnahme machen. Das fand ich großzügig, daher stimmte ich dem etwas hoch angesetzten Preis von umgerech- net rund sieben Euro ohne Zögern zu. Auch das war eins der be- sten Harze, die ich in meinem Leben geraucht hatte. Drogen sind Big Business in Pakistan, und eine ganze Menge Leute kiffen auch im Alltag. Das ist gesetzlich zwar streng ver- boten, aber auf Kräuter und Harze trifft man fast überall. Auch im religiösen Kontext hat der Konsum von Cannabis eine lange Tradition. Hiermit versetzen sich Sufis, die einer volksreligiösen Variante des Islam folgen, in Rauschzustände, um ihrem Gott näher zu sein, vergleichbar mit den Sadhus in Indien. An den Schreinen und bei besonderen Festen zu Ehren verehrter Heili- ger wird gekifft, was das Zeug hält. Beispielsweise am Schrein des „Roten Falken“, des Scheichs Lal Qalandar. Ein Besuch an diesem Heiligtum steht defintiv noch auf meiner To-do-Liste in dem kämpferischen, aber zutiefst gastfreundlichen Land, öst- lich des Hindukusch Gebirges. Libanon Wer es mediterran, überschaubar und frankophon liebt, für den (oder die) kann der Libanon eine echte Reiseoption sein. Die Entfernung von Deutschland ist nicht besonders weit, das Land ist vollgestopft mit antiken Ausgrabungsstätten und die Küche ist legendär gut. Hinzu kommt, dass dort, im Bekaa-Tal, eine le- ckere und potente Köstlichkeit hergestellt wird: roter bzw. gel- ber Libanese. Zwar ist es nicht so, dass dort indische oder ma- rokkanische Verhältnisse vorherrschen, aber wer die richtigen Leute kennenlernt oder zur Erntezeit die Gegend um die Stadt Baalbek besucht, der hat mehr als gute Chancen, etwas von den hervorra- genden Stöffchen abzu- greifen. Anders als bei- spielsweise in Marokko oder Indien existiert hier keine öffentlich sicht- bare Infrastruktur des Handels mit Harzen. Er funktioniert privat. Man kennt jemanden, der je- manden kennt. Es ist die Mischung aus nahöst- licher Multikultur, alter Geschichte und exzellenten bäuerlichen Produkten (!), welche für mich den Reiz des Landes ausmacht. Beirut kann mit seinem quirligen Flair punkten. Allabendlich trifft am sich in einer der zahlreichen Clubs oder bei Sonnenun- tergang auf der Flaniermeile, der sogenannten „Corniche“, die Zum Träumen schön: Ausgrabungsstätte in Tyros.